23.12.2002
JAMBOREE
Ich war am 20. World Scout Jamboree in Sattahip, Thailand unter dem Thema
"Share our world, share our cultures". Das Jamboree ist ein Treffen aktiver
Pfadfinder und Pfadfinderinnen im Alter zwischen 14 und 17 Jahren. Es findet
alle vier Jahre statt und wird jedes Mal an einem andern Ort abgehalten.
Organisiert wird es von einem speziellen OK des Gastgeberlandes unter der
Schirmherrschaft des Weltpfadfinderbundes (WOSM).
Nun ich bin natuerlich etwas aelter als 17 Jahre, weshalb ich als Staff
(International Service Team) mitging. Mit knapp 1000 PfadfinderInnen (davon
250 Staff) stellte die Schweiz eine der groessten Delegation.
Weitere Infos zum Jamboree findet sich auf
www.jamboree.ch und
www.worldscoutjamboree20.org.
Ankunft
Nachdem meine Freundin leider wieder in die Schweiz zurueck musste, schloss
ich mich am 23. Dezember der Schweizer Staff Delegation an. Am 24. Dezember
tuckerten wir mit dem Zug, das gleich hinter dem Hotel stand Richtung
Sueden. Schon im Zug ging das froehliche Kennenlernen los, denn wir waren
nicht die einzigen. Es hatte viele Englaender, die aber tot wie Fliegen
waren, da sie ununterbrochen von England aus unterwegs waren. Weiter gab es
Leute aus Malaysia, Indonesien und glaub ich Schweden. Aber soweit kam ich
gar nicht, denn ich musste wieder umdrehen, damit ich rechtzeitig wieder bei
meinem Wagen war.
Die Fahrt dauerte etwa 4 Stunden. Das Jamboree hatte ihren eigenen Bahnhof.
Alles aussteigen, Getuemmel mit viel Gepaeck. Am Bahnsteig standen 20 Busse,
die uns zur Registrierung fuhren. Weiter ging es dann zum Camp der IST
(Staff). Das Camp ist ein wenig abgesondert und hat einen eigenen Teil des
Beaches.
Infrastruktur
Das ganze Jamboree Gelaende lag an einem langen schoenen Beach in einem Navy
Gelaende. Ueberhaupt war alles sehr navylastig. Die Navy bewachte das
Gelaende auf dem Land, machte Eintrittskontrollen, sodass eigentlich niemand
unerlaubtes auf das Gelaende kam. Als die Teilnehmer am 27.12. ankamen,
kamen auch 3 Kriegsschiffe, die sich in der Bucht gemuetlich machten und das
Gelaende vor moeglichen Attacken bewahrte. Alle Fischerboote wurden
vertrieben. In der Nacht leuchteten die Schiffe wie Weihnachtsbaeume und die
Silouette des Schiffes mit den Kanonen war unverkennbar. Sicherer ging es
fast nicht mehr. (Nun ja, ich durfte mal auf ein Schiff, was eigentlich
niemand darf und konnte das Schiff besichtigen. Beeindruckend. Viele hatten
aber frei und fischten. Ueberall hingen Fische zum trocknen. Aber
Pssssst...)
Und erst die Infrastruktur. Viele Duschen, WC's, Einkaufsmaerkte. Wasser zum
Duschen hatte es genug. Es wurde extra noch ein Reservoir angelegt. Eines
der saubersten Pfadfinderlager, die es wohl je gegeben hat. Zwei- oder
mehrmals Duschen pro Tag war gang und gaebe. Wann immer man Lust dazu
verspuerte.
Nun, zurueck zu unserer Ankunft. Es dunkelte bereits ein und mit 250
Personen noch ein paar Plaetze zu finden duerfte nicht einfach sein. Es
hatte 3 Lagerdoerfer. Nach einem klugen Plan haette man Jobsweise sich den
Lagerdoerfer anschliessen muessen, aber das war doch recht kompliziert. Die
Campleitung entschloss sich dann, uns alle im Camp 3 was direkt am Meer lag
einzuteilen. Wir erhielten luftige Zelte die fuer 4 Personen gedacht waren.
Auf dem Zelt stand zwar 6 Personen, aber Thais sind ja nicht so gross wie
wir, insbesondere nicht wie ich.
Als wir das Zelt aufgestellt hatten, sah es aber mehr aus wie fuer 3
Personen mit Gepaeck. Als ich schlafen ging, stellten wir alles Gepaeck vor
das Zelt sodass 4 Personen Platz hatten. Am Morgen waren wir aber bereits zu
fuenft. So schnell geht das ;-) In der Nacht darauf schlief ich dann am
Strand bevor sie uns spaeter verboten am Strand zu schlafen. War sehr
schoen.
Wir feierten am 24. und 25. eine grosse Weihnachtsparty. Keine Tannenbaeume
und Geschenke und so. Es wurden auch keine Weihnachtslieder gesungen. Die
Campleitung organisierte einfach eine Disco. War eigentlich ganz toll. Ich
habe viele neue Leute kennengelernt, insbesondere Thais. Die sind hier ja
alle so freundlich und laecheln andauernd "a country of smiles".
Job
Am 25. und 26. wurden wir auf die Lagerregeln und unsere Jobs
trainiert. Rauchen nur in speziellen Zonen. Alkohol verboten.
Ich wollte irgendetwas mit Wassersport machen und hatte ein umfangreiches
Dossier geschickt. Eigentlich wollte ich im Koordinationsteam mitmachen,
aber zuerst wollten sie mich zum Segeln schicken. Segeln ist eigentlich auch
ganz toll. Nur nicht Schnorcheln. Am Beach zu schnorcheln stell ich mir
nicht so spannend vor, zumal ohne Taucherflasche.
Doch als ich das Team kennenlernte, war es doch einige Schuhnummern zu
gross. Alle waren Seascouts mit langjaehriger Erfahrung. Einige auch
Instruktoren. Hier war ich definitiv am falschen Platz. Am Tag zuvor war ich
der erste, der mal ein Windsurfbrett auslieh und ich fand, dass ich nach 8
Jahren und einem kurzen Fresh-up in Moskau noch ganz gut in Schuss war. Nie
ins Wasser gefallen. Da wollte ich sein und durfte dann das Team wechseln.
Ich hab die Thais bereits am Vortag kennengelernt und fuehlte mich wohl
hier. Die Thais waren alle von der Navy. Es schien, als ob die Navy die
besten Leute hier in "Urlaub" geschickt hat. Olympiasurfer, Instruktoren und
weitere Freaks. Tolle Leute. Im Team waren auch noch eine Amerikanerin, eine
Finnin, ein Schwede, eine Norwegerin, ein Hollaender und noch 2 weitere
Schweizer.
Wir fuhren am 27. und 28. ein bisschen herum, bauten und organisierten unser
Equipement bis am 29. die ersten Teilnehmer zum Surfen kamen.
An Aktivitaetstagen konnten die Teilnehmer verschiedene Programme besuchen.
U. a. auch uns von 'Face the Waves'. Von morgens um 8 bis abends um 5
standen wir am, im und auf dem Wasser. 4 Gruppen a 40 - 50 Teilnehmer kamen
jeweils. Mittagspause von 12 bis 1 Uhr, wo wir jeweils schnell mit dem Boot
zu unserer Cafeteria am anderen Ende des Camps fuhren.
Es machte mir sehr viel Spass, den Pfadfindern das Surfen beizubringen. Ich
bin zwar kein geschulter Instruktor, aber hab doch recht gute Erfolge
erzielt und die Kids hatten meistens Spass. Einige konnten nach 1.5 h
bereits herumkurven und andere hatten noch immer Probleme die Balance zu
finden. Ich muss auch hinzufuegen, dass die Bedingungen immer wechselten.
Ebbe und Flut, Wind vom Meer oder vom Land, mal viel mal wenig, etc.
Am Abend nach dem offiziellen Finish um 5 luden wir auch einige Staff ein,
das Windsurfen auszuprobieren, da sie durch den Tag keine Chance hatten, es
zu versuchen. Manchmal bin ich auch abgerauscht, da es so vieles gab, dass
ich noch machen wollte.
Abendprogramm, Kulturen, Food
Zurueck zum Camp und Duschen. In einer Viertelstunde zur Cafeteria laufen,
die am anderen Ende des Camps lag. Ich war dort zugeteilt, da mein
Arbeitsort scheinbar naeher von dort ist. Die beiden Cafeterias waren sehr
gross. Musste natuerlich fuer die paar tausend Staffs reichen. Das Essen war
sehr amerikanisch, obwohl eigentlich nicht viele Amis da waren.
McDonalds, Pizzahut und noch andere Fertiggerichte wechselten sich ab.
Nichts von frischem feinen Thaifood. Es gab schon Thaifood. Doch dieser war
abgepackt und zum aufwaermen in der Microwelle bestimmt. Eigentlich
irgendwie schade. Als das Lager zu Ende ging, gab es auch frischen Thaifood,
endlich.
Nun, nachdem ich gespiesen hatte, gab es Abendprogramm. Bei den Staffs stieg
immer eine Disco, die ich meistens verpasste, wenn ich um 10 oder 11
zurueckkehrte. Die Unterlager zu durchstoebern und 'Crossroad of Cultures'
anzusehen war viel interessanter und spannender.
In der Lagermiete fanden sich 3 Gebiete, je mit einem eigenen Angebot.
'Crossroad of Cultures' war fuer das direkte erleben einer fremden Kultur
da. Ateliers zum musizieren, Food probieren, Kleider anprobieren, Boxen und
noch vieles mehr. Am Abend gab es immer Darbietungen aller moeglichen
Kulturen auf einer grossen Buehne.
'City of Science' brachte die Technik etwas naeher. Robotik, Funken,
Satelittenschuessel bauen, Computer u.v.m.
'Global Developement Village' brachte Themen zum Diskutieren und Erleben.
Pfadfindergruppen trafen sich zu Themen wie Minen, Aids, Demokratie,
Kinderrechte, Menschenrechte, Frauenrechte aber auch alternative Energien
und Naturschutz.
Feiern
Abgesehen von unserer Arbeit, die nur an Aktivitaetstagen stattfand, gab es
auch Freitage und Feiern.
Am 28.12. war die Eroeffnungszeremonie. Eine Thailaenderin, die ich
kennenlernte, arbeitete fuer Special Events und ich war so frech und sah mir
die Zeremonie schon 2 Tage frueher an der Generalprobe aus naechster Naehe
an. War sehr schoen. Am 28. waren wir vom Staff so weit hinten, dass wir
kaum was mitbekommen haben. Zuerst wurden wir alle begruesst und kurz darauf
fuhren einige Wagen auf dem Huegel hinter uns zur wunderschoenen Tribuene.
Sie war fuer den Koenig bestimmt, der zu Besuch kam. Es gab auch viele
Offiziere der Navy mit ihren Gattinen. Wir durften alle aufstehen und den
Worten des Koenigs und des Premiers lauschen. Dann fing es endlich an.
Praesentation aller Flaggen der ueber 100 Laendern, die hier vertreten
waren. Eine Praesentation aller 19 vorherigen Jamborees mit dem 20. aus
Thailand auf einem Elefanten. Toll fand ich die Darbietung von einigen
hundert Kampfsportlern des Muay Thai (Thaiboxen). Weiter gab es einen
Flaggentanz. Scheinbar wurde die Flaggensprache, die auf Schiffen
gebraeuchlich ist, hier in Thailand erfunden.
Dann war das Lager eroeffnet und wir durften zurueck zum Gelaende. Wo bleibt
da die ausgelassene Eroeffnungsparty? Alles war sehr foermlich.
Die Neujahrsparty war im aehnlichen Stil. Alles ein bisschen thailandlastig.
Kein Share our cultures. Jedenfalls hatte ich trotzdem Spass. Ich tollte mit
meinen thailaendischen Freunden herum, insbesondere mit Shaggy und Son, den
beiden Partyhelden. Wo die waren, war immer Party. So waren wir einige Thais
und ein paar Farangs (Fremde) und wir tobten durch die Menge bis um 2 Uhr
morgens. Die anderen Schweizer kamen nicht so in Stimmung.
Zurueck in unserem Camp legte ich mich an den Strand, hoerte dem
Gitarrenspiel zu und wartete, bis es morgen wurde. Um 6 Uhr feierten wir
dann das Schweizer Neujahr. Dann fruehstuecken, duschen und ab zum schlafen.
Nicht im Zelt, da es viel zu heiss war zum drin schlafen.
Die Abschlussfeier war dann viel internationaler. Die Delegationsleitungen
konnten erreichen, dass das Programm geaendert wurde. Viele Darbietungen aus
allen moeglichen Laendern. Auch die anschliessende Party hatte es in sich.
Leider hatte ich mir am Tag zuvor beim Ringen den Fuss verstaucht, sodass
ich ausfiel. War nicht weiter schlimm.
Freunde
Neue Freunde finden war sehr einfach. Im Job, an Parties oder einfach auf
dem Weg.
Ich hielt vor allem Ausschau nach Nationen, die nicht so bekannt
waren und solche die ich auf dem Heimweg besuchen konnte.
Abgesehen von den vielen Thais traf ich auch andere Laender. Ich traf auch
eine Delegation aus dem Libanon und wurde gleich zum Essen eingeladen.
Reizende Leute und eine interessante Kultur. Da moechte ich mal hin.
Bangladesh, Jugoslavien, Kroatien, Malaysia und viele viele westliche
Laender. Alles sehr international. Alles sehr friedlich und interessiert.
Ein Traumland.
Von den Thais bekam ich bald einen Spitznamen, um ueber mich zu tratschen,
da ich jeweils auf das Wort Farang (Fremder) reagierte und wissen wollte,
was los ist. Doch bald lueftete man das Geheimnis. "Yoi" hiess soviel wie
lockig. Der ist mir dann geblieben und viele nannten und gruessten mich dann
so.
Zusammenfassung
Tja, das Lager war irrsinnig toll. Keine Aengste, keine Sorgen. Doch eine:
Angst etwas zu verpassen, was andauernd passierte ;-)
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